20.02.2024
Bildtafel 51: Vern Ordo 3, fol 2 (3. Ordnung des Frühlings)
Die Frühlingslichtblume
(50, III) begegnete uns bereits auf einer früheren Tafel (33, III) und
erscheint hier nochmals in einer gefüllten, etwas farbstärkeren Art. Daß sich
die Blütezeit der Traubenhyazinthen (50, IIII u. V) ihrem Ende zuneigt,
macht das letztmalige Auftreten zweier ihrer typischen Vertreter deutlich.
Dagegen beginnt nun der Aufstieg
einer anderen Charakterpflanze, deren markante Blüten mit ihren leuchtenden
Farben jetzt für einige Zeit den Eindruck des Gartens bestimmen: bis Tafel 66
finden sich zahlreiche Narzissen in unterschiedlicher Ausformung, Größe und
Färbung der Blüte. Allen gemeinsam ist die auffällige Nebenkrone, die als
Hauptmerkmal zur gärtnerischen Unterteilung dieser Amaryllisgewächse herangezogen
wird. Bei den „Trompeten-Narzissen“ (z.B.: 34, III, IV; 50, I; 55, II),
häufig auch Osterglocken genannt, stehen die Blüten einzeln und ihre
röhrenförmige Nebenkrone ist mindestens so lang wie die Kronblätter oder länger
als diese. Verkürzt sich die Nebenkrone (z.B. 51, I-III) spricht man heute je
nachdem von Narzissen mit großer oder kleiner Nebenkrone, anschaulicher von
Schalen-Narzissen und Teller-Narzissen. Durch die Steigerung der Anzahl von
Blütenblättern entstehen gefüllte Formen (z.B.: 52, I-III; 54, III). Spanien,
Südfrankreich, das Mittelmeergebiet und der Balkan sind die Heimat des
mehrblütigen Narcissus jonquilla, von dem die Jonquill-Hybriden (z.B.
53, I, III, IIII; 56, II) abstammen. Ihre Blütenblätter sind ausgebreitet, die
Nebenkrone kurz, auffällig ist ihr starker Geruch. Die Tazetten (61,
I-III; 63, I; 64, I-III) kommen in Mittelmergebiet aber auch in Kleinasien und
dem Fernen Osten vor, sind ebenfalls mehrblütig und können bei einzelnen Sorten
bis zu 20 Einzelblüten pro Trieb entwickeln. Schließlich sei noch die spätblühende,
duftende Poeten-Narzisse (51, I; 62, I, II) erwähnt, deren weiße
Blütenblätter besonders schön zur gelben, am Rand rotorange gesäumten und
gefältelten kleinen Nebenkrone kontrastieren. Aus dieser hellen Trias der
Farben weiß, gelb und orange bis rot sowie den vielfältigen Möglichkeiten des
unterschiedlichen Blütenbaus, kombiniert die Gattung Narcissus ein vielfältiges
und überraschend abwechslungsreiches Spektrum prachtvoll heiterer Frühlingsblumen.
Über die Herkunft des Namens
Narzisse besteht keine endgültige Klarheit. Bekannt ist die Schilderung Ovids,
der erzählt, Narkissos, der Sohn eines Flußgottes und der Nymphe Leiriope, wäre
wegen seiner ungewöhnlichen Schönheit von Frauen und Männern geliebt worden. Er
aber schlug alle Zuneigung aus. Ein Verschmähter jedoch betete zu Nemesis um
Vergeltung und die Göttin strafte den herzlosen Schönen damit, daß er sich
leidenschaftlich in sein eigenes Spiegelbild verliebte, als er sich zum Wasser
eines Teiches am Berge Helikon hinabbeugte, um zu trinken. Er war nicht mehr
fähig, sich von der Wasserspiegelung zu trennen und starb schließlich
entkräftet an dieser Stelle. Sein Leichnam aber wurde von den Göttern in die
schöne Narzisse verwandelt.
(Werner Dressendörfer: "Die Pflanzen des Hortus Eystettensis. Ein
botanischer und kulturhistorischer Spaziergang durch das
Gartenjahr." In: Hortus Eystettensis. Commentarium. A cura di
Klaus Walter Littger u.a. Sansepolcro: Aboca, 2006, S. 58-274)
Mit
freundlicher Genehmigung von Aboca Museum