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18.03.2024
Bildtafel 78: Vern Ordo 4, fol 12 (4. Ordnung des Frühlings)

In der 4. Ordnung des Frühlings ist dem Buchbinder ein Fehler unterlaufen: er vertauschte bei fünf Bildtafeln die Reihenfolge, so daß bei Fol. 2, 3, 5, 6 und 7 der Text nicht mit den zugehörigen Abbildungen korrespondiert, was insbesondere bei den Angaben zur Blütenfärbung auffallen wird.
Abgesehen von einer weiteren Sommer-Knotenblume (76, II) und einer weißblühenden kleinblütigen Narzisse (76, III) sind die zwölf Tafeln nur einer einzigen Blumenart gewidmet, der Tulpe (Tafeln 67-75; 76, I; 77 u. 78).
Der kaiserliche Gesandte an der Hohen Pforte, Ogier Ghislain de Busbecq, sah erstmals 1554 in den Palastgärten des Großkalifen Suleiman II. eine von den Persern „Lâle“, von den Türken „Tulipan“ genannte Pflanze, deren Zwiebel und Samen er an den Kaiserlichen Garten in Wien vermitteln konnte. 1559 blühten auch in einem Augsburger Garten mehrere Tulpen, die Konrad Gesner zwei Jahre später als erster botanisch beschrieb. Seit 1577 nennt man die ursprünglich rotblühende Pflanze in Anlehnung an die Bezeichnung des mit einem roten Tuch umwickelten Turbans auf deutsch „Tulipan“, woraus sich in der Mitte des 17. Jahrhunderts „Tulpe“ entwickelte. Die allgemeine Begeisterung für die mittlerweile sehr zahlreichen Züchtungen nahm in den 20er und 30er Jahren des 17. Jahrhunderts in den Niederlanden nach und nach groteske Formen an. Für eine einzige Zwiebel der begehrtesten Sorten wurden 1000 Gulden und mehr bezahlt, andere nach Gewicht ebenfalls teuer gehandelt. Tulipomanie nennen wir dieses Spekulationsfieber, von dem viele Menschen ergriffen wurden, die, in der Hoffnung ihr Glück zu machen, ihr ganzes Vermögen an der Tulpenbörse riskierten und meist auch verloren, weil sie sich an einer besonderen Art von Termingeschäften beteiligten, aus denen längst auch Betrüger ihre Gewinne zogen. Im Januar 1637 brach dieser Lufthandel innerhalb kürzester Zeit zusammen. Wenn man sich auch noch längere Zeit von dieser Tulpenhysterie erzählte und über ihre Auswüchse lachte, tat dies der Beliebtheit der Pflanze keinen Abbruch.

(Werner Dressendörfer: "Die Pflanzen des Hortus Eystettensis. Ein botanischer und kulturhistorischer Spaziergang durch das Gartenjahr." In: Hortus Eystettensis. Commentarium. A cura di Klaus Walter Littger u.a. Sansepolcro: Aboca, 2006, S. 58-274)
Mit freundlicher Genehmigung von Aboca Museum